Ein etwas detailierter Bericht über die Konfiguration der Bass Shaker.
Ich habe ja schon in älteren Beiträgen über mein Taktiles Setup geschrieben, allerdings möchte ich hier einen zentralen Bericht mit allen Details und Preisen für die Nachwelt festhalten ;).
Historie
Die Idee, über Bass-Shaker Rückmeldungen aus der Simulation zu bekommen, hatte ich schon vor ca. 20 Jahren *gg*. Damals hatte ich mir überlegt, im Sitz meines Flugsimulators einen Bass-Shaker zu montieren, der beim Rollen auf der Startbahn bzw. beim Start einer Rakete/Release einer Bombe vibrieren sollte um damit das Erlebnis noch „echter“ zu machen.
Zu diesem Zweck gab es Anno dazumal die „Aura Interactor“ – eine Art Rucksack, in den ein Bass-Shaker eingebaut war und der bei tiefen Tönen den Körper zum Vibrieren brachte.
Allerdings war diese direkt an der Soundkarte eingesteckt und hatte einen Low-Pass-Filter im Verstärker eingebaut. Es wurde also einfach der Sound des Spieles verwendet und funktionierte nur so gut, wie die Soundeffekte des Spieles zur Situation passte.
Meine Idee war, an die Soundkarte meines „Outputers“ zu nutzen und über ein selbstgeschriebenes Programm eigene Sounds an die Interactor zu senden.
Ansteuerung
Heute geht das um einiges einfacher, dank SimHub 🙂
Über die „ShakeIt Bass Shakers“-Funktion kann man über soviele Soundkanäle, wie man zur Verfügung hat, ebensoviele taktile Lautsprecher ansteuern.
SimHub liest die Telemetriedaten der Simulation aus und erzeugt dann entsprechende Soundeffekte dazu (genau so, wie ich es mit dem selbstgeschriebenen Programm vor hatte).
Man ist jetzt geneigt, alle diese Effekte auf das Rig loszulassen, aber hier gilt speziell: „Weniger ist Mehr!“ (Zu meiner aktuellen Konfiguration kommen wir noch)
Sehr viel Input und Informationen habe ich von „Mr. Latte“ im entsprechenden Thread im Racedepartment-Forum bekommen.
Um die ganzen Effekte wirklich spüren zu können, ist natürlich auch Hardware notwendig. Nach Mr. Latte geht das auch gerne in die tausende Euro, ich habe mich allerdings für eine etwas günstigere Variante entschieden:
Lautsprecher
Für meine ersten Tests (und den Ideen vor 25 Jahren) habe ich 4 sehr, sehr günstige Bass-Shaker von Pollin benutzt:
- Impedanz 4 Ω
- Maximalleistung 80 W
- Frequenzbereich 15…80 Hz
- Maße (ØxH): 120×40 mm.
Die damit erzielten Effekte waren sehr gut und _eigentlich_ ausreichend – aber irgendwie hat es mich interessiert, ob ein teurer Shaker auch entsprechend besser ist. Also hab‘ ich mir noch einen Reckhorn BS-200i geholt.
- Belastbarkeit 100W RMS
- Impulsbelastbarkeit -2 Sek. 200W
- Impedanz 4Ω
- Maße (ØxH): 158×45 mm
Verstärker
Um die Lautsprecher auch ansteuern zu können, benötigt man entsprechende Verstärker, da das Signal direkt aus der Soundkarte heraus einfach zu schwach ist. Die Aura Interactor Vest hat ihren eigenen Verstärker, der allerdings nur mit U.S.A. üblichen 120V funktioniert – am europäischen Markt war aber ein Adapter dabei, der mächtig schwer war.
Inzwischen ist der Markt mit günstigen chinesischen Digitalverstärkern ziemlich übersäht, und man bekommt um wenig Geld etwas halbwegs Brauchbares.
Ich habe mir auf Amazon zum Starten einen der günstigsten Verstärker gesucht, der auch die wirkliche RMS-Leistung angegeben hatte, bei allen anderen findet man hauptsächlich Maximalleistungsangaben.
- Mochatopia Bluetooth Verstärker Mini
- 40 Watt Ausgang (RMS: 20 x 2 @ 4 Ohm)
- Impedanz: 4-16Ω
Trotz der relativ geringen Leistung von 20W hat es doch gereicht, um das Holzrig mit 2 Pollin Shakern am Sitz ordentlich zu befeuern.
Um etwas mehr Reserven zu haben, hab‘ ich mich wieder in diversen Foren umgeschaut und habe mir etwas stärkers geholt – einen Nobsound NS-15G Stereoverstärker.
- Nobsound NS-15G
- Größe: 90 * 108 * 36 mm / 3,54 * 4,25 * 1,42 in
- Nettogewicht: 355 g
- Ausgangsleistung: 200W (100W * 2)
- Frequenzbereich: 10Hz -40kHz
Bis jetzt sind ja erst 4 Kanäle versorgt, es fehlte noch ein Verstärker für den Reckhorn BS-200i. Auch hier habe ich wieder zu Nobsound gegriffen, allerdings einen echten Bassverstärker.
- Nobsound NS-03G SUB
- Maximale Leistung: 100W
- Gewicht: 0,2 kg
- Abmessungen: 68,5 * 33 * 90 mm
Konstruktion
Um einen Shaker nun am Rig anzubringen, gibt es verschiedene Varianten – von sehr einfach bis „high sophisticated“ ist alles möglich.
- Die einfachste Variante ist ein Shaker genau unter dem Sitz (Mono), hier ist man natürlich mit den Effekten sehr eingschränkt.
- – Der nächste Schritt sind 2 Shaker, entweder einer unter den Pedalen, einer unter dem Sitz, oder einer Links, einer Rechts.
In diesem Setup kann man schon die Effekte für Vorne und Hinten bzw. Links Rechts gut aufteilen und hat schon recht gutes Feedback, was mit dem Auto passiert. Aufgrund der 2 Kanäle ist allerdings die Differnzierung bzw. Aufteilung nur bedingt machbar. - Viele nutzen 4 Shaker, an jeder „Ecke“ des Rigs einen.
Diese Variante soll das Fühlen der Effekte besser ortbar machen. - Mr. Latte empfiehlt in seinen Postings anstatt der 4 Ecken (die oft zu nah beieinander sind, um wirklich eine Orbarkeit zu erreichen), mehrere Shaker in Paaren am Sitz anzubringen: Direkt unten darunter und vor allem am Rücken in verschiedenen Höhen soll die ultimative Lösung sein.
Mein Setup
- 2 günstige Shaker unter den Pedalen, Links und Rechts, angesteuert vom Mochatopia Verstärker
- 2 günstige Shaker Links und Rechts seitlich hinten am Sitz, angesteuert vom NS-15G
- 1 BS-200i direkt unter dem Sitz, befeuert vom NS-03G SUB
Die Verkabelung der Lautsprecher ist mit 1,5qmm Lautsprecherkabel erfolgt, und um nicht jedesmal bei Wartungsarbeiten die Kabel entweder an den Lautsprechern oder an den Verstärkern abmontieren zu müssen, gibt’s eine luxuriöse Variante mit Neutrik SpeakON Steckverbindungen:
In Simhub habe ich nur folgende Effekte konfiguriert:
Die Shaker unter den Pedalen bekommen die Signale von den Effekten WHEEL SLIP (Front), ROAD VIBRATION (Front) und ROAD IMPACTS (front). Beim Überfahren von Curbs oder leichten Schlägen auf der Straße vibrieren sie mit 50Hz und einer Stärke von 45% (Curbs, „Vibration“) bzw. 80% (Schlägen, „Impacts“). Dies erzeugt leichte Schläge durch die Frequenz.
Falls die Vorderräder die Haftung verlieren und beginnen zu Rutschen, kommt „WHEELS SLIP“ in’s Spiel. Hier vibrieren die Shaker mit 70Hz, was ein leichtes Surren ergibt.
Die hinteren kleinen Shaker sind nur für „ROAD VIBRATION (Rear)“ zuständig.
Der große BS-200i übernimmt den Output für RPMS (40Hz), GEAR SHIFT (30Hz), ROAD IMPACTS (rear) (47Hz) und WHEELS SLIP (rear) (81Hz). Durch die Aufteilung mit unterschiedlichen Frequenzen spürt man genau, welche Effekte gerade ausgegeben wird, auch, wenn sich diese überlagern. Diese Unterscheidung war bei den kleineren Lautsprechern und die größere Masse der Sitzkonstruktion nicht so gegeben, darum habe ich dort die Effekte auf ROAD VIBRATION reduziert.
Welche Effekte mit welchem Lautsprecher ausgegeben werden, lässt sich in SimHub schön über die „Soundoutput“ Settings steuern.
Es gibt verschiedene vorgegebene Konfigurationen (Mono, Left/Right, Front/Rear, Corners), wo 1-4 Shakern quasi vorkonfiguriert sind.
Die wahre Macht spielt SimHub aber dann so richtig mit der „Custom channel map“ aus, wo man die Effekte beliebig auf die vorhandenen Kanäle sogar mit konfigurierbarer Stärke aufteilen kann.
Man kann sogar Effekte öfter mit unterschiedlichen Parametern konfigurieren und somit wirklich realistisches Feedback erzeugen – Mr.Latte hat einige solche Konfigurationen am SimHub Discord Server veröffentlicht.
SimHub lässt jeden Effekt einzeln konfigurieren, so kann man alles sehr gut feintunen. Ich habe z.B. WHEEL SLIP (front) so konfiguriert:
Im „Response Filter“ sieht man, dass die Lautsprecher erst beginnen zu vibrieren, wenn der Effekt eine Stärke von 40% erreicht hat („Threshold“).
Über „Base effect frequency“ und „High effect frequency“ kann sogar die Frequenz über die Effektstärke automatisch angepasst werden.
Schlußendlich hab‘ ich einen Kipptaster auf meine SimHubControlPanel so konfiguriert, dass ich die Gesamtstärke der Effekte damit steuern und auch komplett ausschalten kann.
Fazit
Aktuell bin ich mit meinen Einstellungen sehr zufrieden, vor allem Wheel Slip lässt einen schon früh ein etwaiges Wegrutschen fühlen und entsprechend reagieren. Das Vibrieren beim Starten des Motors hat noch bei jedem, der es zum ersten Mal gespürt hat, einen kleinen „Wow“-Effekt verursacht 😀
Der Unterschied zwischen den billigen Shakern und dem BS-200i ist deutlich spürbar – je nach Anwendungsbereich sind die günstigen aber durchaus ausreichend, wie in meinem Pedalsetup. Für den Sitz würde ich aber sofort wieder einen etwas besseren Lautsprecher nehmen, optimal wäre z.B. einer der großen Buttkicker, die auch im Frequenzbereich weiter nach Unten gehen, als der BS-200i. Auch mit deutlich leistungsstärkeren Verstärkern kann ich mir vorstellen, dass das Ganze noch deutlich mehr Kick bekommt. Hier ist man aber dann wirklich recht schnell im vierstelligen Bereich bei den Kosten.
Was sind nun die Gesamtkosten für mein Setup?
- 4 günstige BassShaker von Pollin (je 12,50-) = EUR 50,-
- 1 BS-200i = EUR 50,-
- Mochatopia Verstärker = EUR 28,-
- Nobsound NS-15G = EUR 56,-
- Nobsound NS-03G SUB = EUR 40,-
- 25m Lautsprecherkabel 1,5qmm = EUR 6,-
- 3x Neutrik SpeakOn Verbinder (je 6,-) = EUR 18,-
Insgesamt schlägt somit das gesamte Taktile Setup mit EUR 248,- zu Buche. Im Vergleich zum „Immersion-Factor“, der damit erreicht wird, ein sehr geringer Betrag, denke ich.